“Nie wieder” lautet die Schlussfolgerung und Verpflichtung, die die Gegner*innen des Faschismus vor 79 Jahren aus der Erfahrung zogen, dass die Shoah möglich war und ihre Wiederholung möglich bleibt. Der Tag der Befreiung von Auschwitz, der 27.01., wurde zum Gedenktag an die Opfer der antisemitischen Massenvernichtung. Heute, am Tag dieses Gedenkens, dürfen wir nicht nur an die Vergangenheit denken, denn nicht ohne Grund ist der Ruf “Nie wieder” zurzeit oft zu hören. Antisemitische Hetze und Gewalt haben auch nach 1945 nie aufgehört und sind insbesondere in den letzten Monaten sichtbarer und, leider, alltäglicher geworden. Die Gefahr geht nicht nur von bestiefelten Neonazis aus (auch wenn die nicht weniger gefährlich geworden sind), sondern wuchert längst in allen Teilen der Gesellschaft, vom Mittelstandsehepaar mit “Querdenken”-Sympathien über Vertreter*innen sogenannter konservativer Werte bis hin zum allzu mächtigen Inhaber einer x-beliebigen Social-Media-Plattform, der antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet. Und es brauchte nicht erst die Enthüllungen über das Potsdamer Geheimtreffen der Völkischen, um zu bemerken, dass der Faschismus weltweit wieder auf dem Vormarsch ist.
Antisemitismus ist kein Überbleibsel “barbarischer” Vorzeit. Im Gegenteil, Antisemitismus ist etwas sehr modernes: Es ist der Versuch, für das eigene Leiden an der kapitalistisch-patriarchal-rassistischen Gesellschaft konkrete Schuldige zu finden, die man dann nur noch beseitigen muss, um alles wieder gut zu machen. Deshalb ist dem Antisemitismus nicht mit Argumenten allein beizukommen, sondern nur mit aktivem und ausdauerndem antifaschistischem Widerstand – gegen Verschwörungsideologien über “globalistische Eliten”, gegen rechte Menschenfeinde jeglicher Ausprägung, gegen die Verhältnisse, die all das überhaupt erst hervorbringen. Antisemitismus geht uns alle an, wir sind verpflichtet, aus der Forderung “Nie wieder” eine unumstößliche Realität zu machen.