Diversitätsforschung erhalten – Gesellschaftlichem nachkommen! (PM des AStA vom 03.07.2024)

Am 12.06.2024 hat der Senat der Universität Göttingen den Beschluss gefasst, den Masterstudiengang „Sozialwissenschaftliche Diversitätsforschung“ zu schließen. Dieser Beschluss ist in der Studierendenschaft und insbesondere bei Mitgliedern der betroffenen Fachrichtung auf großen Widerstand gestoßen.
Auch der AStA möchte sich mit Nachdruck für den Erhalt eines derart einzigartigen Forschungs- und Lehrgebiets, welches große gesellschaftliche Relevanz in sich trägt, aussprechen. Die Schließung entspringt grundsätzlich aus einer Dauerproblematik. Das Land stellt auf der einen Seite keine ausreichende Finanzierung der Hochschulen in Niedersachsen sicher, die Universität setzt auf zweifelhafte Prioritäten. Die Schließung steht dabei im direkten Widerspruch zum Gleichstellungsauftrag der niedersächsischen Universitäten gemäß § 3 Abs. 3 NHG, welcher auch in der Ausgestaltung von Studium und Lehre zu berücksichtigen ist.
Die Entscheidung zur Schließung durch den Senat ist bei einer genaueren Betrachtung des Studienganges nicht nachvollziehbar. Bei der Diversitätsforschung handelt es sich, insbesondere im Vergleich zu anderen Studiengängen und Standorten, um einen ausgelasteten, akkreditierungsfähigen Studiengang. Darüber hinaus ist dieser mit seinen Kursangeboten ebenso bei Studierenden anderer Fachrichtungen sehr beliebt. Dabei sind besonders das interdisziplinäre Element, die hohe Modernität und Einzigartigkeit sowie der nicht zu unterschätzende „Pull-Effekt“ für Studierende hin zur Uni Göttingen positiv herauszustellen. Auch hinsichtlich der Exzellenz-Bemühungen der Universität erscheint die Entscheidung höchst zweifelhaft, da sich sehr deutlich gezeigt hat, dass Diversität und Modernität gewichtige Aspekte im Auswahlverfahren darstellen.
Weiterhin sendet diese Entscheidung im gesellschaftlichen Kontext ein sehr düsteres Signal. In Zeiten von Desinformation und Populismus sind wissenschaftliche Grundlagen zum Erfassen und Auflösen gesellschaftlicher Konflikte unerlässlich. Besonders in Bezug auf Diskriminierung und Vorurteile bietet die Diversitätsforschung eben jene wissenschaftliche Basis. Diese Basis bringt insbesondere auch lokal praktische Vorteile. So werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das Projekt „Diversität vor Ort“ in Zusammenarbeit mit der Stadt durch Wissenschaftskommunikation genutzt. So wird auch der wichtige gesellschaftliche Auftrag der Universität umgesetzt. Auch die Universität selbst, die sich, nicht zuletzt durch das Unterschreiben der „Charta der Vielfalt“, einer Verbesserung der diversitätsorientierten Kultur verschrieben hat, könnte von den Erkenntnissen profitieren. Der Senat verkennt durch seine Entscheidung dieses Potenzial und wirkt damit den gewichtigen Bemühungen zur gesellschaftlichen Konfliktlösung entgegen. Weiterhin ist auch der intransparente Entscheidungsprozess zu kritisieren. Weder wurde ein für eine Universität angemessener offener Dialog, vornehmlich mit den von der Schließung Betroffenen, geführt. Noch waren ernsthafte Bemühungen zum Erhalt des Studienganges erkennbar. Beispielsweise der vermittelnde Vorschlag ein gemeinsames Masterprogramm der Geschlechter- und Diversitätsforschung zu errichten, hat keinerlei Beachtung gefunden. Argumentationen wie der Erhalt der Geschlechterforschung sind dabei hinsichtlich der großen vorangegangenen Bemühungen der Studierendenschaft sowie der Wesensverschiedenheiten der Studiengänge fadenscheinig.

„Diversität ist ein erklärtes gesellschaftliches Leitziel, welchem sich die Uni nicht nur verschrieben, sondern zu dem sie auch nach ihrem gesetzlichen Auftrag verpflichtet ist. Um diese Verantwortung zu erfüllen, braucht es mehr als Lippenbekenntnisse. Die Erhaltung der Diversitätsforschung wäre ein deutliches Zeichen und eine Würdigung der wichtigen Arbeit dieses Faches. Diversität ist nicht zum Schmücken da!“ Alicia Kopitzki – Referentin für Gender & Diversity des AStA

„Die Universität sollte ein Raum des offenen Diskurses über die Gestaltung sein. Intransparente Vorgänge wie dieser und das völlige Ignorieren der Interessen der Studierendenschaft sowie der Betroffenen werden unserer Institution nicht gerecht. Insbesondere möchten wir unterstreichen: Die ersatzlose Schließung von Studiengängen muss die Ultima Ratio und nicht die erste Handlungsoption darstellen. Wir möchten deshalb inständig an die Universität und das Land Niedersachsen appellieren, diese Angelegenheit neu zu bewerten.“ Jan Stefes – Vorsitzender des AStA