AStA kritisiert mildes Urteil für Dienstvergehen Göttinger Professors

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Göttingen zeigt sich zutiefst schockiert über das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen im Fall des Professors, der trotz schwerwiegender Vergehen lediglich eine Gehaltskürzung erhielt.
 
Das Gericht hat zwar festgestellt, dass der Professor Macht- und Hierarchieverhältnisse ausgenutzt hat, jedoch lediglich eine auf 5 Jahre begrenzte Reduktion des Gehalts verfügt. Die Begründung des Urteils seitens der Gerichtssprecherin ist für uns nicht nachvollziehbar. Es ist für uns nicht verständlich, wie das Gericht trotz sechs eindeutig bestätigter Fälle von sexualisierter Belästigung und des eindeutig bevorzugten weiblichen Opfertyps zu dem Schluss kommen konnte, nicht erkennen zu können, „dass die Motivation [auch] sexuell war“. Ebenso unerklärlich ist es, wie von einem Angeklagten, der während des gesamten Prozesses als uneinsichtig beschrieben wurde, in naher Zukunft eine Einsicht und Verbesserung des Verhaltens erwartet werden kann. Diese Entscheidung, die dazu führte, dass der Professor trotz der Schwere der Vorwürfe nicht entlassen wurde, ist alarmierend und wirft ernsthafte Fragen über das Justizsystem und seine Fähigkeit auf, Betroffene sexualisiserter Übergriffe zu schützen.
 
Wie bereits im vorangegangenen Strafprozess gegen den Hochschullehrer, wurde trotz einer erdrückenden Sachlage eine sehr milde Würdigung der Beweise sowie eine unverständlich positive Prognose vorgenommen. Diese Urteile senden ein verheerendes Signal und entmutigen Betroffene von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch. Welches Zeichen will man hier jungen Frauen senden, die es wagen, sich in ein männerdominiertes System hierarchischer Abhängigkeit zu begeben? Es ist kein Wunder, dass wir noch immer von einer „Leaky Pipeline“ in der Wissenschaft sprechen, wenn solche Vorfälle weder hinreichend aufgearbeitet, noch angemessen sanktioniert werden. Die Unattraktivität der Wissenschaft für Frauen, die durch die Inkonsequenz unseres Justizsystems keinen Schutz finden, schadet allen Universitäten und akademischen Bildungs- und Forschungseinrichtungen ungemein.
 
Auch die Universität hätte entschlossener handeln müssen, um ein angemessenes Urteil sicherzustellen. Es ist peinlich, dass die Universität, die durch ihr inkonsequentes Verhalten in Form des Verzichts auf eine Abmahnung die Entscheidung des Gerichts in dieser Form ermöglicht hat, sich nun „überrascht“ zeigt.
 
Abschließend fordern wir die Universität Göttingen auf, konkrete Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen zu ergreifen. Das durch die Gehaltskürzung „gesparte“ Geld sollte in den Betroffenenschutz und in die Prävention investiert werden, etwa durch die Wiedereinführung einer Antidiskriminierungsstelle und die Schaffung sicherer Räume für Betroffene. Durch Fälle wie diesen wird die immense Wichtigkeit solcher strukturellen Veränderungen einmal mehr unterstrichen.
 
Der AStA ruft die Studierenden der Universität dazu auf, sich solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen. Weiterhin fordern wir, dass die Universität und ihre Studierendenschaft auf solch eklatanten Machtmissbrauch die Strukturen, welche ihn ermöglichen, und Personen, von denen dies ausgeht, mit deutlicher Ablehnung und Widerstand reagieren.