Göttingen, 21. November 2024
Nach der am 02.10.2024 ausgesprochenen Empfehlung des Senats zur Abwahl des Uni-Präsidenten Herrn Prof. Tolan und dem Fehlen der erforderlichen Bestätigung dieser Entscheidung durch den Stiftungsausschuss der Universität, fand am 20.11.2024 die vorgeschriebene Schlichtungs-Sitzung statt. Dabei sollten die beiden Gremien eine Einigung bezüglich der Abwahl finden. Dahingehende Bemühungen scheiterten. In der darauffolgenden Senats-Sitzung bestätigte dieser seine vorherige Entscheidung. Folglich ist Prof. Dr. Metin Tolan endgültig als Präsident der Universität Göttingen abgewählt. Zu dieser für unsere Uni äußerst wichtigen Entwicklung möchte der AStA im Folgenden Stellung nehmen. Herrn Prof. Tolan möchten wir, trotz teils sehr unterschiedlicher Auffassungen, für seine Zukunft herzlich alles Gute wünschen.
Der langwierige Prozess rund um die Abwahl ist abgeschlossen. Es ist von hoher Wichtigkeit, dass alle Universitätsangehörigen die Entscheidung akzeptieren und respektieren, damit in Zukunft wieder die inhaltlichen Probleme und deren Lösung im Fokus stehen können. Es ist demnach zu hoffen, dass die Auseinandersetzung mit den vielen kritischen Stimmen an der Leitung der Universität nicht bloß mit einer einzelnen Personalentscheidung für abgeschlossen erklärt wird. Vielmehr bedarf es einer tiefgreifenden Analyse der Entscheidungen und Prioritäten der letzten Jahre. Hinsichtlich dieses mühsamen aber unerlässlichen Prozesses haben wir Studierende große Zuversicht, dass der oder die neue Präsident*in aus den Kritikpunkten an der Vorgängerverwaltung lernen wird und in einem neuen, geschlossenen Miteinander zwischen allen Statusgruppen dieser Universität die vielen Herausforderungen angehen wird.
Ein wichtiger Teil der Bemühungen muss sich dabei auf die Attraktivität des Studienstandorts Göttingen fokussieren. Dazu ist es unbedingt notwendig die Studierenden stärker einzubeziehen und die notwendige Teilhabe konsequent einzufordern und zu ermöglichen. Dies erhoffen wir uns von der zukünftigen Leitung der Universität. Wir möchten dazu aufrufen, eine neue Kultur an der Uni zu etablieren, welche durch ein starkes Miteinander, Respekt und Verantwortlichkeit geprägt ist.
Der häufig vorangetragenen Argumentation, eine Abwahl würde der Reputation unserer Universität schaden, möchten wir folgende Erwägung entgegenstellen. Zum einen stellen viele Studierende das Abwandern von hochqualifiziertem Lehr- und Forschungspersonal sowie Mitarbeitenden in Verwaltung und Beratungsstellen von der Universität Göttingen fest. Auch der langjährig anhaltende Trend, der fallenden Studierendenzahlen ist Anlass zur Besorgnis. Die Ursachen dieser Entwicklungen sind gleichzeitig und nicht zuletzt auf die unzureichende Finanzierung durch das Land sowie weiteren Fehlentscheidungen in der Führung zurückzuführen. Weiterhin muss attestiert werden, dass wohl auch die langwierigen Unstimmigkeiten in Prozessen der Universität, welche der Abwahl vorausgegangen sind, zur negativen öffentlichen Wahrnehmung der Universität beigetragen haben. Die vorgebrachte Sorge können wir mithin nicht teilen, weil sie für viele Teile der Studierendenschaft schon Realität ist. Insbesondere die Erfahrung, dass Studiengänge und Fachrichtungen regelmäßig von der Schließung bedroht waren oder gar geschlossen wurden, hat bei vielen Studierenden zu großer Verunsicherung und Resignation geführt.
Der AStA der Uni Göttingen möchte in Vertretung der Studierendenschaft angesichts dieser großen Umwälzungen den Blick auf das Positive lenken. Die kommende Zeit sollte nicht zuletzt als Chance begriffen werden. Wir sind zuversichtlich, dass die bereits angestoßenen Entwicklungen, die ersten Schritte einer selbstkritischen Auseinandersetzung sind und ein erster Verbesserungsprozess eingeleitet wurde. Dabei sollte speziell Wert auf transparente und aufrichtige Kommunikation sowie eine gesunde Fehlerkultur und Verantwortlichkeit gelegt werden. Weiterhin sehen wir es als enorm wichtig an, dass alle Universitätsangehörigen gemeinschaftlich an der Verbesserung der Universität zusammenarbeiten. Im Rahmen dessen wünschen wir uns stärkere Bemühungen u. a. in den Bereichen der Lehrqualität, sozialen Bildungsgerechtigkeit, Internationalisierung und Nachhaltigkeit. Hinsichtlich besagter Bemühungen möchte der AStA beispielhaft die sehr gute Zusammenarbeit mit Vizepräsidentin Prof. Hanewinkel sowie Vizepräsident Prof. Wardetzky hervorheben und die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dieses produktive, zielgerichtete und angenehme Miteinander zukünftig fortsetzen zu können.
Mit Blick auf die geschilderten Bemühungen ist allerdings zu erwähnen, dass die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten dieser zukünftigen Entwicklungen nicht zuletzt von den durch die Landespolitik gegebenen Rahmenbedingungen abhängen. Eine qualitativ hochwertige Bildungseinrichtung bedarf einer angemessenen und gesicherten Finanzierung. Insofern muss auch die Landespolitik diesbezüglich in die Pflicht genommen werden.
Ausgehend von den dargestellten Erwägungen möchten wir die Gemeinschaft der Universität Göttingen dazu aufrufen sich für eine moderne und hochwertige Bildungseinrichtung einzusetzen und einen Teil zur Verbesserung unserer Universität beizutragen. Dieser Weg hin zu einer Universität, die tatsächlich zum Wohle aller wirken kann, wird nur durch gemeinschaftliche und respektvolle Bemühungen realisierbar sein!